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„Immer interessant bleiben“

Bernhard Priesmeier (links) und Mike Middleton (rechts) vom Rintelner Verein für Städtepartnerschaften berichten beim Erzählcafé des Heimatbundes über Ursprung, Gedeihen, Probleme und Zukunft der Verbindungen nach Slawno und Kendal. Foto Lange

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Beim Erzählcafé geht es um Vergangenheit und Zukunft der Rintelner Städtepartnerschaften Städtepartnerschaften

Rinteln. Warum Slawno und Kendal? Wie begann es, wie geht es weiter mit den Rintelner Städtepartnerschaften? Wann und wie kann man dorthin reisen? Fragen über Fragen beim Erzählcafé des Heimatbunds der Grafschaft Schaumburg im Museum Eulenburg. 20 Zuhörer lauschten zunächst den Ausführungen von Bernhard Priesmeier, stellvertretender Vorsitzender, und Mike Middleton, Beisitzer für Kendal. Und danach oft die Frage: Wann gibt es mal wieder eine Reise mit Familienanschluss, also privater Unterbringung in Kendal?

Priesmeier hatte zunächst erinnert an die frühen neunziger Jahre und die Anbahnung der Partnerschaft mit Slawno über den von dort gebürtigen Derk Steggewentz. Middleton ergänzte, wie unter seiner Federführung Rinteln sechs andere Bewerber bei Kendal auf der Ziellinie aus dem Feld schlug. Beide berichteten, dass die Partnerschaften zunächst voll erblühten, es ihnen inzwischen aber an Nachwuchs mangelt. „Die Gründergeneration ist inzwischen alt geworden, bietet auch keine Unterkünfte mehr an, und jüngere Mitglieder gibt es kaum“, stellte Middleton für Kendal fest. In Slawno kommt das Sprachproblem hinzu, umgekehrt in Rinteln dagegen weniger, denn hier bringen sich auch polnischstämmige Mitbürger ein, ergänzte Vorsitzender Dietrich Lange. „Die geänderte berufliche Belastung hält viele von aktiver Mitarbeit ab“, meinte Priesmeier, „und inzwischen scheinen viele auch mehr Distanz zu wollen, buchen also lieber Hotels und Jugendherbergen.“ „Was bei Orchestern und Chören ja auch Sinn macht wegen der Proben und Auftritte, zu denen sonst die Gastgeber ihre Gäste stets fahren müssten“, sagte Lange.

In Kendal ist eine neue Gastgeberliste in Arbeit, in Rinteln müsste sie zumindest aktualisiert werden. In Slawno gibt es keine, dortb regelt alles die Stadtverwaltung. In diesem Jahr sind ohnehin bei allen Reisen Gemeinschaftsunterkünfte gebucht. „Aber Wohnen bei Familien ist toll, da lernt man die Lebensweise der anderen viel besser kennen“, sagte Priesmeier. Doch Angebot und Nachfrage sind derzeit nicht da.

Bei Slawno spielte die Herkunft von Derk Stegewentz und seine guten Kontakte in die Geburtsstadt die entscheidende Rolle für die Auswahl, und die Polen überrumpelten die Rintelner beim ersten Kennenlernen gleich mit unterschriftsreifen Verträgen. Der Weg zu Kendal war mühsamer. „Zuerst bot man uns von britischer Seite eine Stadt in Nordirland an, doch da hatte die Terrororganisation "Irische Republikanische Armee (IRA)" gerade eine Bombe hochgehen lassen“, erinnerte Middleton. „Unser Stadtrat wollte nicht, ich als britischer Offizier auch nicht, das erschien uns zu gefährlich.“ Also schließlich Kendal, aber da war der Zug schon fast abgefahren. In Rekordzeit von einer Woche stellten Middleton und der damalige Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Hoppe die nötigen Unterlagen zusammen, die von Mitbewerbern längst entscheidungsreif vorlagen. Und Rinteln überzeugte am meisten.

Beide Partnerschaften entwickelten sich gut, heimsten von überregionalen Organisationen Auszeichnungen ein. Doch irgendwann sank das Interesse. „Heute müssen wir selber Vorschläge machen, Vereine und Gruppen ansprechen, dürfen aber Reisen wegen der Umsatzsteuerpflicht kaum noch selbst veranstalten“, erklärte Priesmeier. „Der Partnerschaftsverein berät und hilft, wo er kann, aber die Verantwortung zum Beispiel für das Geld einsammeln bei den Reisenden liegt beim Verein. Wir geben dann nur einen Zuschuss.“ „Aber so wird das Risiko ja zu den Vereinen verschoben“, warf Franz-Josef Stöckl, Vorsitzender der Vereinigten Chöre Rinteln, ein. „Das war nicht unsere Idee, so will es das Finanzamt“, erwiderte Priesmeier.

Zwei Frauen, die mit den Städtepartnerschaften von Bückeburg und Minden zu tun hat, meinte: „Aber die Partnerschaften von einem Verein beleben zu lassen wie in Rinteln, das ist eine bessere Lösung als bei uns.“ Priesmeier erwiderte, schon vor der Gründung habe Altbürgermeister Hoppe gesagt, es solle keine Partnerschaft der Rathäuser und Stadträte sein. Darum habe sich der Rintelner Verein für Städtepartnerschaften auch stets bemüht.

Bestehen noch Sprachprobleme, gibt es in den Partnerstädten geringere Bereitschaft, Deutsch zu lernen? „Wir haben sogar dazu beigetragen, dass in Kendal als einer der ersten und bis heute wenigen Städte Englands Deutschunterricht in Schulen angeboten wird“, sagte Middleton. Die Nachfrage sinkt allerdings, wie in allen englischen und polnischen Partnerstädten. „Eine Generation weiter, und alle sprechen Englisch“, kündigte Lange dagegen auch für die Partnerschaft mit Slawno an, wo Ältere ja in der Schule nur Russisch als Fremdsprache gelernt hatten, es also bisher kaum ohne Dolmetscher ging. In Kendal hätten Rintelner Gäste dagegen schon heute keine Sprachprobleme mehr. „Und wenn man bei Jugendgruppen sieht, wie sie mit Smartphones und Facebook bereits auf der Anreise private Verabredungen in den Partnerstädten treffen, müssen wir uns sprachlich keine Sorgen um die Zukunft machen“, erklärte Lange. „Wir müssen mit unseren Angeboten und der öffentlichen Darstellung nur immer interessant bleiben, dann gewinnen wir hoffentlich auch neue Generationen für die Völkerverständigung.“ dil