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Rinteln-Besuch gehört zur Therapie Zehn Jahre Partnerschaft zwischen Lebenshilfe und Behindertenbetreuung WOSP aus Kendal

Prost auf einen schönen Aufenthalt bei der Lebenshilfe in Rinteln: Mitglieder der WOSP-Gruppe aus Kendal mit ihren Betreuern Graham Hartley (hinten) und Beata Pydo-Pipowski (vorn 2.v.r.).  dil (2)

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Rinteln. Menschen mit Behinderung aus Rinteln und der englischen Partnerstadt Kendal tanzen ausgelassen zu Live-Musik, lachen, essen und trinken zusammen. Es ist Sommerfest bei der Lebenshilfe im ehemaligen Britischen Militär-Hospital (BMH). Die Gäste von der Insel unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht von ihren Gastgebern, alle tragen blaue T-Shirts mit dem weißen Aufdruck „10 Jahre WOSP und Lebenshilfe“. Und bei dem zum Teil mühsamen Sprechen versuchen die Briten sich sogar an deutschen Worten. Sie lernen ein bisschen die Sprache ihrer Freunde aus der Weserstadt, denn sie kommen gerne wieder.

„Manche sind schon seit Jahren dabei“, sagt Lebenshilfe-Geschäftsführer Herbert Meier von den Gästen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung aus Kendal. Wenig später zeichnet er zwei Frauen aus, die diese überaus lebendige Partnerschaft zwischen der Organisation WOSP (25 Schützlinge) aus Kendal und der Rintelner Lebenshilfe (mehr als 450 Schützlinge) mitgründeten: Elizabeth „Liz“ Cooke und Margret Faure.

Wohnheimleiter Marco Reinking erzählt, wie es begann: „Wir hatten anfangs Sorge, dass es wegen der Sprache nicht klappen würde mit dem Kontakt, aber weit gefehlt. Inzwischen fährt seit 2006 jedes zweite Jahr eine Gruppe von uns nach Kendal, eine andere kommt jedes zweite Jahr von dort zu uns, und bei unserem Weihnachtsmarkt ist die WOSP zusätzlich jährlich mit einem Stand dabei.“

Warum die Gäste aus Kendal so gerne kommen, erläutert deren Gruppenmanager Graham Hartley, der zum zweiten Mal in Rinteln ist: „Unterbringung und Essen sind hier sehr gut. Die Partnerschaft zwischen unseren Organisationen läuft bestens. Es ist wichtig, dass wir auf diese Weise besondere Events für unsere Behinderten haben, der Rinteln-Besuch ist quasi Teil unserer Therapie. Das ist für unsere Schützlinge eine große Sache jedes Jahr, und alle sind stolz, dass sie für diese Reise ausgewählt worden sind. Das hebt gefühlt ihren Status gegenüber den Daheimgebliebenen.“

Doch erschweren die Sprachbarrieren nicht den Kontakt zu den Rintelnern? Hartley: „Kaum. Acht unserer 15 mitgekommenen Behinderten sind zum ersten Mal in Rinteln, die anderen schon zum wiederholten Mal. Letztes Jahr war eine große Gruppe aus Rinteln bei uns, diese Teilnehmer und unsere Schützlinge erkennen sich hier zumeist wieder. Und einige von unseren Schützlingen haben vor der Reise sogar ein bisschen Deutsch gelernt.“

Mit dem Flugzeug sind die 15 WOSP-Schützlinge von Manchester nach Hannover geflogen, um eine Woche bei der Lebenshilfe zu verbringen. Sechs Betreuer haben sie mitgebracht, die sich um sie kümmern. Die Lebenshilfe organisiert mit ihren Fahrzeugen Ausflüge, zum Beispiel ins Freilichtmuseum in Detmold und zum Bückeburger Schloss. Dort lief gerade die Großveranstaltung „Ährensache“. Der immense Besucherandrang war zunächst etwas überraschend für die Gäste, aber das Angebot konnten sie doch gut einordnen. Hartley: „Es erinnerte uns an die jährliche eintägige Landwirtschaftsausstellung in Kendal, die mehr als 30 000 Besucher anlockt.“

Selbst sagen können die WOSP-Schützlinge das kaum, aber man sieht ihnen die Freude über die Abwechslung an. Sie suchen unbefangen Sprechkontakt. Und als die Bands „Wanna Beats“ und „First Aid“ auf der Bühne nach den offiziellen Reden mit fetziger Musik loslegen, tanzen sie mit ihren Betreuern – Rintelner und Kendaler sind dabei kaum zu unterscheiden. Musik mögen sie alle, und Bewegung tut gut, auch wenn sie manchen schwerer fällt als anderen.

Unter den Betreuern aus Kendal ist mit Beata Pydo-Pipowski auch eine Polin. Die 37-Jährige mit pink gefärbtem Haar zog vor 13 Jahren aus der Nähe Danzigs nach England, arbeitet seit fünf Jahren für WOSP. Nun ist sie zum ersten Mal in Rinteln und begeistert: „Es ist so schön, die Leute sind so nett, ich könnte glatt hier leben.“ Als sie hört, das Rinteln auch eine Partnerschaft mit Slawno westlich von Danzig pflegt, staunt sie: „Ich war zwar noch nie in Slawno, weiß aber, wo es liegt.“ Sie muss lachen über ihren Umweg von Polen über Kendal nach Rinteln, wo es von Slawno aus doch viel einfacher gewesen wäre.

Am Mittwoch fliegen die Gäste wieder zurück nach Manchester, nehmen schöne Eindrücke mit. Und Reinking kündigte an: „Nächstes Jahr kommen wir wieder mit einer Gruppe zu Euch!“ Der Rintelner Verein für Städtepartnerschaften wird Mitte Oktober in Kendal das Jugendblasorchester der Stadt Rinteln bei zwei Konzerten als musikalischer Botschafter von der Weser präsentieren. Der Verein hat die WOSP-Gruppe zum Besuch der Konzerte eingeladen. Denn Musik verbindet über Sprachbarrieren hinweg. Das war beim Sommerfest gut zu sehen.