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„Warum nicht schon früher?“ Städtepartnerschaft: Jugendblasorchester der Stadt Rinteln und Kendal Big Band begeistern

Gemeinsam in einem Konzert, aber noch ohne gemeinsames Musikstück: Das Jugendblasorchester der Stadt Rinteln mit Dirigent Christoph Stelljes und die Kendal Big Band (hinten) wollen künftig häufiger zusammen auftreten.  Foto: dil

Gemeinsam in einem Konzert, aber noch ohne gemeinsames Musikstück: Das Jugendblasorchester der Stadt Rinteln mit Dirigent Christoph Stelljes und die Kendal Big Band (hinten) wollen künftig häufiger zusammen auftreten. Foto: dil

Rinteln/Kendal. Stehende Ovationen für das Jugendblasorchester (JBO) der Stadt Rinteln und die Kendal Big Band in der Aula der Queen Katherine School in Kendal: Ein zweieinhalbstündiges Benefizkonzert zugunsten der Schule bot hohe Qualität und viel Abwechslung. Die Kendaler servierten Swing, Jazz und Rock ’n’ Roll in ruhig relaxter Form, die Rintelner sorgten mit Bläserarrangements aus Pop, Filmmusik und den Tänzen Lateinamerikas für Tempo und Schwung. Nur auf die Tanzfläche konnten beide das überwiegend ältere Publikum nicht locken.

„Eine ganz spezielle Nacht“, dankte Richard Pealing, ehemaliger Vorsitzender der „Kendal-Rinteln Association“ am Schluss. Und dieses Spezielle hatte Dietrich Lange, Vorsitzender des Pendants „Rintelner Verein für Städtepartnerschaften“, schon zu Beginn angekündigt: Beide Bands haben noch nie zusammengespielt.

Die Rintelner waren zwar schon 2006 zu zwei Konzerten in Kendal, die Kendaler als Teil der Kendal Concert Band sogar schon etliche Male beim Rintelner Altstadtfest, zuletzt im August dieses Jahres. Und Klarinettistin Angela Voges hat während eines Studienaufenthaltes in England sogar mal eine Zeit lang bei den Kendalern mitgespielt.

Kein Wunder, dass Christina Cordts, seit der Gründung 1986 im Jugendblasorchester und diesmal Organisationsleiterin, schon in der Pause erstaunt fragte: „Warum haben wir das nicht schon früher gemeinsam gemacht?“ Auch Dirigent Peter Bayliss von der Kendal Big Band, im August ebenfalls in Rinteln gewesen, würde sich über weitere gemeinsame Auftritte auch in Rinteln freuen.

Doch zurück zu den Besonderheiten. Auf eine wies John Lowther, Organisationsleiter der Kendal Big Band, das Publikum hin: „Der Dirigent des Jugendblasorchesters Christoph Stelljes ist kurzfristig für den verhinderten eigentlichen Dirigenten Frank Schmitz eingesprungen. Er hatte heute vor dem Konzert zum ersten Mal Gelegenheit, mit dem Orchester für diesen Auftritt zu proben.“ Das brachte natürlich Sonderbeifall.

Stelljes ist ein Studienfreund von Schmitz, kommt ebenfalls aus Hannover, und kannte das JBO nur von wenigen Probewochenenden. Zwei kurzfristige Ausfälle bei den Trompeten hatte Schmitz durch zwei befreundete Musiker aus Osnabrück kompensiert. Das Publikum merkte von den Problemen im Vorfeld nichts, der Auftritt vor etwa 120 Besuchern wurde trotz mäßiger Akustik eindrucksvoll.

Allein schon das Gesamtbild: Die Kendal Big Band auf der Bühne, mal instrumental, mal mit einer stimmkräftigen Sängerin, alle schwarz gekleidet, eher würdig. Davor ebenerdig die Rintelner mit weißen Hemden, der Dirigent auf einem kleinen Podest. Alles akustisch, nur die Ansagen und der Gesang verstärkt. Da die Halle leichte Echoeffekte hat, die richtige Entscheidung. Laut genug war es allemal. Stelljes hatte zunächst eher mit der Anpassung an die Akustik zu tun: „Die Tuba bitte leiser, das Schlagzeug nicht so heftig.“ Klar, das Publikum soll ja auch die leiseren Instrumente hören.

Es gab zwei Sets mit einer halben Stunde Pause, damit sich das Publikum bei dieser „Oktoberfest“ genannten Veranstaltung an Bratwurst, Püree und Zwiebelsoße stärken sowie Getränke kaufen konnte. Dann mussten die Rintelner ihre Instrumente schnell wieder im Bus verladen. Und zurück ging es durch die Nacht zur Jugendherberge im 15 Kilometer entfernten Windermere. Tief hängende dicke Äste schrammten über das Busdach in 3,60 Meter Höhe, mit Taschenlampen musste die enge Schlusskurve für den 15 Meter langen Bus zur überaus schmalen Zufahrt ausgeleuchtet werden.

Die Herberge ist ein kleines Schlösschen (allerdings aus Beton) mit majestätischer Aussicht auf den Lake Windermere, den größten und beliebtesten See im Lake Distrikt. Busfahrer Sven Paulart von Felix Reisen sprach aus langjähriger England-Erfahrung über die schwierige Anfahrt: „Die schönste Lage, aber auch die anspruchsvollste Zufahrt.“

Die von Kulturring Rinteln, der Stiftung für Rinteln, der Bürgerstiftung Schaumburg und der Schaumburger Landschaft finanziell geförderte Konzertreise mit Musikern im Alter von 15 bis über 50 Jahren führte am Sonntag dann zur neuen Unterkunft in der ehemaligen Jugendherberge von Kendal.

Diese wurde erst jetzt frei, da am Freitag und Sonnabend alle Betten in Kendal wegen des beliebten internationalen Comic-Kunst-Festivals in der „Aulde Grey Town“ belegt waren. Nach einem Stadtrundgang mit Richard Pealing drängte Stelljes schon auf die nächste Probe. Abends stand das zweite Konzert in der United Reformed Church an, der Partnerkirche der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Rinteln. Pastor Heiko Buitkamp ist hier oft mit Gruppen und als Prediger zu Gast.

„Dieses Gotteshaus hat wie die Jakobikirche in Rinteln eine besonders gute Akustik für unverstärkte Musik“, hatte Pealing schon in der Schulaula angekündigt. Und Lowther hatte dort bereits kräftig die Werbetrommel für dass zweite Konzert gerührt, das das JBO nun allein bestreiten sollte. Auch dieser zweite Auftritt mit nun längerem, aber ähnlichen Programm wurde ein erfolgreicher Beitrag zur Festigung der Städtepartnerschaft, wenn auch kaum 50 Zuhörer eine spärliche Resonanz darstellten. Vom Säbeltanz über „Blues Brothers“, „Brasil Tropical“ und den Disco-Hit „Stayin‘ alive“ zog das JBO wieder alle Register seines Könnens und erntete viel Beifall.

Der gestrige Montag war dagegen dem Genuss der eindrucksvollen Landschaft im Lake District vorbehalten. Eine Bustagesfahrt führte zu einigen Highlights (Kirkstone-Pass, Keswick, Grasmere, Ambleside, Bowness), bevor dann noch Zeit für Souvenirkäufe in Kendals Innenstadt gegeben war.

An der Reise nimmt übrigens auch eine sechsköpfige Kegelrunde um Bernhard Priesmeier, zweiter Vorsitzender und Gründungsmitglied des Rintelner Vereins für Städtepartnerschaften, teil. Diese knüpfte Kontakte zu Kendaler Bowlern (Rasenkeglern) und schob mit diesen so manche Kugel. Eine Gegeneinladung nach Rinteln wurde ausgesprochen.

Die Reisegruppe kehrte am Mittwoch wieder nach Rinteln zurück, voller neuer Eindrücke bei durchgehend regenfreiem, herbstlich sonnigem Wetter. Das Jugendblasorchester will nun im Mai 2016 mit dem Rintelner Verein für Städtepartnerschaften in die polnische Partnerstadt Slawno reisen, um dort gemeinsam mit den Garden des Rintelner Carnevals-Vereins und einem besonderen Show-Act zwei Auftritte in Slawno und Ustka an der Ostseeküste zu bestreiten. Es soll der Höhepunkt im Jahr des 30-jährigen Bestehens des JBO werden.

Für 2016 konnte Dietrich Lange schon Vorgespräche für einen Besuch des Gospelchores der Rintelner Johannis-Kirchengemeinde führen. Wenn alles klappt, würden Anfang Oktober etwa 40 Sänger per Flugzeug und Bahn nach Kendal reisen, um dort ein Konzert mit dem auch in Rinteln gut bekannten K-Shoes Choir (bester Männerchor der Stadt) in einer Kirche zu bestreiten. dil/SZ