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Neue Partnerschaft mit Lebenshilfe?

Bald Partnerschaft zur Behindertentagesstätte Slawno: Die polnischen Gäste Bürgermeister Dr.Krzysztof Frankenstein (v. r.), Miecyslaw Sievicz, Miecyslaw Grabowski und Wojciech Ludwikowski mit Dolmetscherin Roza Koczewski  knüpfen Kontakt mit Marco Reinking (v. l.), Carina Olschewski und Herbert Meier von der Lebenshilfe. Foto: dil

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Gäste aus Slawno informieren sich über Betreuung von Behinderten / Staunen über Flüchtlingsheime

Rinteln. Der Messebesuch war für die Politiker-Delegation aus Rintelns polnischer Partnerstadt Slawno der nur angenehme Beginn der Reise, die Beschäftigung mit dem Thema Flüchtlinge der besonders Interessante. Nach Karussellfahrten und Grünkohlessen am Freitagabend informierten sich die Gäste am Samstagvormittag über die Unterbringung von Flüchtlingen in Rinteln. Sie hatten viele Fragen, bekamen auf alles Antworten und nahmen in anschließenden Gesprächen auch kritisch Stellung.

Stadtjurist Joachim Steinbeck sorgte dafür, dass die Gäste Einblick bekamen. In der Flüchtlingsnotunterkunft Prince Rupert School beeindruckten der gute Gebäudezustand und das großzügige Raumangebot. Erstaunt registrierten die Gäste, dass die meisten Flüchtlinge lieber ihre Matratze auf dem Fußboden haben statt auf einem Bettgestell. Für unfassbar hielten sie dagegen, wie Deutschland bisher mit der Registrierung umgegangen ist – weitgehend hilflos. Seit letzter Woche sind nun zwei der eingerichteten zwölf Arbeitsplätze zur Registrierung in einem Nebengebäude besetzt, bei bis zu 600 Flüchtlingen nicht mehr als nur ein Anfang. Und die Slawnoer sahen später, wie sich Flüchtlinge mit ihren Koffern schon wieder auf den Weg in Richtung Bahnhof machten, ohne Papiere oder Fahrkarte.

In der vom Landkreis Schaumburg betriebenen Unterkunft Pestalozzi-Schule führte Sozialarbeiterin Veronika Matamu durch einige Räume. 50 Flüchtlinge leben dort, überwiegend aus Albanien, also mit wenig Aussichten auf dauerhaftes Bleiberecht. „Aber unser Auftrag ist, erst einmal zu helfen, egal woher die Flüchtlinge kommen“, sagte Matamu, der gleiche Tenor auch bei Eckhard Ilsemann in der Prince Rupert School. Und die Flüchtlinge selbst begegneten den Besuchern überall ausgenommen freundlich, winkten, Kinder wollten Hände schütteln. Einfach rührend.

Dass man in Rinteln wegen des Abzugs der Briten und der Inklusion von behinderten Kindern in normale Schulen gleich zwei ganze Schulen frei hatte, in der ehemaligen Pestalozzi-Schule noch einen Flügel und in der Prince Rupert School sogar das ganze Internat noch in Reserve, versetzte die Polen in Erstaunen. Damit können sie nicht aufwarten. Slawno hat auch bisher keine Flüchtlinge, nur kurzzeitig waren mal durch eine kirchliche Vereinsinitiative Syrer im Lande, die aber zur Enttäuschung dieser Helfer bei nächster Gelegenheit nach Deutschland weitergereist sind. Und der Satz von Angela Merkel „Wir schaffen das“ ist auch den Slawnoern bekannt und löst nur Kopfschütteln aus. Polen habe diesen Satz ja nicht gesagt, betonen die Gäste. Und 300 Euro Taschengeld geschenkt für registrierte Flüchtlinge im Asylverfahren, dafür müssten viele in Polen einen ganzen Monat hart arbeiten. Wieder Kopfschütteln.

In der Diskussion verwiesen die Slawnoer später auch darauf, dass ihr Land zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen habe, viele davon mit polnischen Wurzeln. „Die stehen uns näher als Moslems“, hieß es ganz klar. Die eigene Kultur solle nicht verwässert werden, daraus sprach schlicht Angst vor dem völlig ungewohnten Umgang mit muslimischen Flüchtlingen. Aber beeindruckt nahmen die Gäste auch zur Kenntnis, dass es bisher keine Zunahme von Kriminalität im Umfeld der Flüchtlingsheime und auch keine religiösen Konflikte in den Einrichtungen gebe. Positiv fanden sie, dass Stadt, Land und Landkreis viel tun, um den Bürgern Ängste zu nehmen.

Der anschließende Besuch bei der Lebenshilfe Rinteln führte vor Augen, wie komfortabel es Behinderte in Rinteln haben können. Das ehemalige Britische Militärhospital ist seit 1998 zu einer kleinen Stadt in der Stadt geworden, wo Behinderte von der Kindheit bis zum Lebensabend betreut werden, als Erwachsene auch wohnen können. Aber wer dafür geeignet erscheint, wird in Wohntrainingsgruppen auch auf das Leben in einer eigenen Wohnung vorbereitet, wo Pflege- oder Betreuungskräfte nur noch stundenweise zum Einsatz kommen.

Die Behindertentagesstätte in Slawno sucht Kontakt zur Lebenshilfe. Geschäftsführer Herbert Meier sicherte Bereitschaft dazu zu. Schon im Februar kommen vielleicht zwei Betreuerinnen aus Slawno, um diese Kontakte weiterzuentwickeln in Richtung einer eigenen Partnerschaft, wie sie die Lebenshilfe schon seit zehn Jahren zur Organisation WOSP in der englischen Partnerstadt Kendal unterhält. Wohnheimleiter Marco Reinking und Betreuerin Carina Olschewski führten die Besucher durch mehrere Gebäude.

Es folgte ein Besuch bei Derk Steggewentz im Seniorenheim Landgrafenstraße. Dieser hatte die Partnerschaft einst angebahnt und mit begründet sowie die ersten 20 Jahre maßgeblich am Leben erhalten. Dafür wurde er vor 15 Jahren mit Slawnos höchstem Orden ausgezeichnet. Jetzt genoss er zusammen mit seiner Frau den Besuch der langjährigen Weggefährten dieser Partnerschaft.

Der Abend führte dann bei einem Bierbüfett-Essen in der Malzstube des Hotels „Der Waldkater“ die Gäste, führende Repräsentanten der Stadt Rinteln, den Vorstand des Rintelner Vereins für Städtepartnerschaften sowie Vertreter von Vereinen und Gruppen zusammen, die die Städtepartnerschaft mit Leben füllen. Hier erinnerte der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Dietrich Lange, mit einer Bilderpräsentation an die jüngsten Reisen nach Slawno und Kendal und gab schon einen Ausblick auf das, was für 2016 und 2017 geplant ist: Eine Schülertanzgruppe aus Slawno kommt im Februar nach Rinteln zum Kinder- und Seniorenkarneval. Die neuen Tanzgarden des Rintelner Karnevalsvereins und das Jugendblasorchester der Stadt Rinteln reisen im Mai für zwei Auftritte nach Slawno. Dil/SZ