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Mit Frauen singt es sich noch besser - Rintelner Gospelchor bringt K Shoes Choir aus Kendal bei gemeinsamem Konzert auf neue Ide

Noch reserviert im Hintergrund: Die Männer  Kendaler K Shoes Choir lauschen dem mitreißenden Auftritt des Gospelchors der Rintelner Johannis-Kirchengemeinde unter Dirigentin Kyra Rundfeldt in Kendals St. Thomas Church. Foto: tol

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Rinteln/Kendal. Männerchöre haben Nachwuchsprobleme, da macht der hoch angesehene K Shoes Choir in Rintelns englischer Partnerstadt keine Ausnahme. Traditionelles Liedgut in strammer Haltung ist nicht mehr allein zukunftsfähig. Zusammen mit dem Rintelner Gospelchor gingen die älteren Herren aus Kendal am Samstag vorsichtig neue Wege, was in einem begeisternden gemeinsamen Konzertfinale mündete. Bürgermeister Stephen Coleman war der erste, der stehende Ovationen gab, fast niemand hielt es vor Begeisterung mehr auf den Sitzen.
Das als “Twin Town Tunes” öffentlich angekündigte gemeinsame Konzert lockte zwar nur etwa 80 Besucher in die altehrwürdige Kirche St. Thomas in Kendal. Aber am Ende hat es niemand bereut, ebenso vielen Akteuren zuzuhören - und diese selbst schon gar nicht. Zwar wussten die englischen Männer noch nicht so recht, was da auf sie zukam bei ihrem ersten Konzert mit einem Gospelchor, und erstmals zudem mit so vielen Frauen. Doch der Mut zu Neuem wurde mehr als mit viel Beifall belohnt.
“Wir haben schon auf der Panorama-Terrasse des Flughafens Amsterdam-Schiphol geprobt”, lachte Chorleiter Sven Rundfeldt, als die um 4.30 Uhr in Rinteln abgereiste Gruppe in Manchester ankam. Mit Bus eine Stunde Fahrt nach Kendal, schnell einen Happen essen, umziehen und schon zur Probe in die Kirche. Der musikalische Leiter des K Shoes Choir, Ian Allen, war sofort begeistert von den Rintelnern und ihrem hohen Frauenanteil: “Ein toller Chor, eine Premiere für und ein guter Kontrast zu uns. Das wird ein interessanter Abend.”
Die Engländer begannen mit traditionellen Liedern vom 17. bis 20. Jahrhunderts, ihre Qualität beeindruckte die Rintelner sogleich. Und sie klatschten deshalb von den hinteren Besuchersitzen aufmunternd den Rhythmus mit, das Publikum schien darüber noch irritiert. Dann der Wechsel, und mit Schwung, Bewegung, Einladung zum Mitsingen und viel Publikumskontakt legten die Rintelner ganz anders los. Erst zögerlich, dann mehr und mehr enthusiastisch klatschten und sangen die Zuhörer mit. Derweil hatte der Männerchor rücksichtsvoll hinter den Rintelnern auf der Bühne Platz genommen, sah dadurch aber alles nur von hinten.
In der Pause dann viel Getuschel unter den Kendaler Sängern. Hinten bleiben ging nicht, sie wollten die Rintelner nun auch unterstützen und vor allem von vorne sehen, dafür aber nicht die frei gebliebenen ersten beiden Sitzreihen nutzen. Also den zweiten Teil des eigenen Programms singen, wieder in hoher Qualität, aber ohne Bewegung, eben förmlich. Die Rintelner machten danach weiter wie zuvor. Kyra Rundfeldt dirigierte immer wieder Chor und Publikum zugleich, Sven Rundfeldt sorgte am Keyboard und mit Percussions für die rhythmische Begleitung.
Dann das Finale. “Wir hatten den Kendalern einen Liedtext in Deutsch und Englisch übermittelt, aber nicht gemeinsam geprobt”, verriet Kyra Rundfeldt anschließend. Also bat sie den K Shoes Choir erneut auf die Bühne. Die wenigen jüngeren Sänger hakten sofort die Rintelnerinnen, die älteren Semester wollten dann auch nicht mehr zurückstehen. Anstatt nebeneinander also bunt gemischt das gemeinsame Finale unter der Stabführung von Ian Allen, einfach berauschend: “Stay with me, o Lord“ in Deutsch und Englisch. Das Publikum spendete stehend lang anhaltenden Beifall.
“Wir haben schon länger erkannt, dass wir Veränderungen brauchen”, teilte der seit Februar amtierende Vorsitzende Doug Armitage später mit. “Wir müssen attraktiv für jüngere Leute werden. So tragen wir jetzt Pullover und Hemd statt früher blauen Anzug und Krawatte. Aber als wir auch noch das Logo geändert haben, sind schon fünf Mitglieder ausgetreten..” Bei einem Durchschnittsalter von über 70 mag es aber auch andere Gründe gegeben haben, doch die Lücken müssen wieder aufgefüllt werden - und das gelingt langsam. Beispiel: Als der nach 28 Jahren Chor aus Alters- und Gesundheitsgründen abgetretene stellvertretende Dirigent sehr bewegend verabschiedet wurde, trat auch der wesentlich jüngerer Nachfolger sein Amt an. Und dieser hatte zuvor auch schon ein Lied mitreißend dirigiert. Neuer Schwung ist also in Sicht.
Die Rintelner dürfen sich freuen, davon 2017 einiges zu sehen. Der K Shoes Choir will im Sommer zu einem gemeinsamen Konzert mit dem VCR-Männerchor kommen, vielleicht gibt es einen zweiten Auftritt mit dem nun als Freund gewonnenen Gospelchor. Und der VCR-Männerchor will im September in Kendal mit dem K Shoes Choir singen, noch mal als eine reine Männer-Show.
Und der gute Kontakt im Konzert setzte sich beim gemeinsamen Abendessen im Pub “The Globe” fort, wo besonders die Tische der Rintelnerinnen bei den charmanten Kendalern sehr begehrt waren. An diesem Abend meldete sich auch ein Mitglied das Lakeland Gospel Choirs, der die Rintelner zu seiner nächsten öffentlichen Probe am Montag einlud, um ebenfalls für Konzerte ins Gespräch zu kommen. Da die Rintelner dann schon auf der Rückreise waren, besuchte der Vorsitzende des Rintelner Vereins für Städtepartnerschaften, Dietrich Lange, diese Probe. Neue Kontakte entstanden auch zu einer Bigband, die vielleicht Ende Mai 2017 mit der Ernestinum Bigband in Kendal ein zweites Konzert geben könnte nach dem schon geplanten mit der in Rinteln gut bekannten Kendal Concert Band.
Der zweite Tag begann mit einem Auftritt im Gottesdienst der United Reformed Church gleich neben der Jugendherberge, in der der Gospelchor zur vollsten Zufriedenheit untergebracht war. Nicht nur die Projektion von Rintelner Stadtszenen auf Monitoren über der Altarwand, auch der Gottesdienst der überaus quirligen und sympathischen Geistlichen Reverend Pam Noonan boten den Rintelnern ein warmes Willkommen. Diese wiederum revanchierten sich bei den überwiegend älteren etwa 50 Gottesdienstbesuchern mit einem halben Dutzend flotter Gospelsongs zum Mitsingen, Klatschen war allerdings wegen des förmlichen Rahmens untersagt. “Was für ein schöner Gottesdienst”, schwärmte Kyra Rundfeldt begeistert beim anschließend Tee mit der Kirchengemeinde.
Werbung für Rinteln betrieb Lange mit Bildbänden für sechs Kendaler Personen, die sich um das Gelingen des Aufenthaltes besonders verdient gemacht hatten und bald an die Weser kiommen wollen. Sven Rundfeldt dankte dem K Shoes Choir mit einem Set Rinteln-Tassen, bekam im Gegenzug einen Schuhkarton voller Mintcakes, Kendals Traditionsprodukt für freie Atemwege. Der Chor machte am letzten Abend zudem in der Lokalbrauerei “Taps” auf Wunsch der Gäste an der Bar mit einigen spontan vorgetragenen Liedern mächtig Eindruck und Werbung für Rinteln. Und dann kam auch noch der katholische Pfarrer mit einem Ehepaar in den Pub, von dem Ehemann Ken Jamieson 2015 einen Transporter mit Kleiderspenden für Flüchtlinge nach Rinteln gebracht hatte (wir berichteten). Es gab viel zu erzählen und zu lachen, und der Wunsch nach einem Wiedersehen 2017 in Rinteln wurde immer wieder betont.
Diane Innes, Vorsitzende des Partnerschaftskomitees in Kendal, und Sven Rundfeldt dankten aber auch besonders dem nicht mitgereisten Mike Middleton für die akribische Vorbereitung der perfekt gelungenen Reise. Und einen Sonderbeifall gab es am Schluss im Bus für Richard Bird, bis Februar Vorsitzender des K Shoes Choir, mit dem Dietrich Lange vor genau einem Jahr das gemeinsame Konzertprojekt angebahnt hatte. Und das Beste: Alles im Gospelchor wollen wieder nach Kendal, aber dann länger als nur zwei Tage, um auch den reizvollen Lake Distrikt kennenzulernen. Bei für Kendal diesmal ungewöhnlich viel Sonne an beiden Tagen und der herzlichen Aufnahme kein Wunder. Der sehr Kendal-erfahrene Co-Reiseleiter Ulrich Seidel staunte selbst: “Ich hatte hier immer mindestens einen Tag Regen hier, aber diesmal war es einfach perfekt.”
Die Reise des Gospelchors wurde von der Stiftung für Rinteln und der Schaumburger Landschaft mit jeweils 500 Euro unterstützt. dil