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700 Jahre und kein bisschen leise

Rintelner erhalten von Slawnos Bürgermeister Dr. Krzysztof Frankenstein (von rechts) und Ratsvorsitzender Edytha Szyszygielska Gedenkmedaillen vom Stadtjubiläum: Bürgermeister Thomas Priemer, Dietrich Lange, Roza Koczewski (beide Rintelner Verein für Städtepartnerschaften) und Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Buchholz. Foto: pr

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Rintelner feiern bei Slawnos Stadtjubiläum munter mit / Spontanparty, Geschenke und historische Ausstellung
Rinteln/Slawno. Es verlief wie immer nicht alles nach Plan, aber es kam am Ende viel besser als erwartet: Die 21-köpfige Delegation aus Rinteln erlebte bei der 700-Jahr-Feier der Stadt Slawno so manche Überraschung. Verbunden mit der überbordenden Gastfreundschaft der Slawnoer, einem tollen Programm mit spontaner Diskoparty am Schluss hat alle so begeistert, dass sie gerne wieder kommen würden. Und Bürgermeister Thomas Priemer lud von der Festbühne alle Slawnoer ein, im September ihre Blaskapelle der Feuerwehr nach Rinteln zu begleiten. Mindestens eine Busladung dürfte es nach bisherigen Zusagen werden.
Die Blaskapelle unter Leitung von Maciech Poprawski war schon bei der Heiligen Messe in der katholischen Stadtkirche am Samstagmorgen zu hören. Der Bischof von Köslin gab dem Fest hier seinen Segen. Es folgte eine feierliche Ratssitzung im historischen Sitzungssaal des Rathauses mit gut 250 geladenen Gästen. Zwei Stunden Grußworte, Geschichtsvortrag, Auszeichnung verdienter Bürger von staatlichem Verdienstkreuz bis zur städtischen Verdienstmedaille bildeten das Programm. Sogar Staatspräsident Duda hatte eine Grußadresse geschickt. Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Buchholz, Bürgermeister Thomas Priemer sowie Roza Koczewski und Dietrich Lange vom Rintelner Verein für Städtepartnerschaften erhielten je eine Jubiläumsmedaille, womit die Verdienste um 25 Jahre Städtepartnerschaft gewürdigt wurden. Erst zehn Jahre ist dagegen die Partnerschaft Slawnos mit Ribnitz-Damgarten alt. Diese wurde jetzt mit dem Unterzeichnen von zwei Urkunden quasi formal neu bestätigt. Im Rathaussaal wurde außerdem eine Gedenktafel „1317 – 2017 700 Jahre Stadtrecht für Slawno“ enthüllt.
Slawnos Bürgermeister Dr. Krzysztof Frankenstein erinnerte in seiner Rede auch an den kürzlich verstorbenen Rintelner Derk Steggewentz und Rintelns Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Buchholz, die sich besonders um den Erfolg der Partnerschaft und Freundschaft beider Städte bemüht haben. Doch auch Rinteln kam wie die anderen Partnerstädte Slawnos nicht mit leeren Händen. Priemer und Lange überreichten an Slawnos Bürgermeister Dr. Krzysztof Frankenstein und Ratspräsidentin Edytha Szyszygielska einen gerahmten Stadtplan von Slawno in den dreißiger Jahren, als es noch Schlawe hieß. Und dazu eine Bildcollage mit den Marktplätzen beider Städte sowie Motiven von der Gründung der Partnerschaft, der Feier des zehnjährigen und 20-jährigen Bestehens, erstellt von Dr. Kurt Gilde und Photo Struck in Rinteln – nach Vorlagen aus den Archiven der Schaumburger Zeitung und des Rintelner Vereins für Städtepartnerschaften.
„Wir sind eine offene Stadt“, betonte Priemer in seiner Rede. „Die Partnerschaft zwischen den Rathäusern führte zu Freundschaften zwischen vielen Bürgern, geprägt durch Aufgeschlossenheit und Interesse füreinander, damit verbunden Toleranz, die für ein friedliches Zusammenleben in Europa unerlässlich ist. Die Partnerschaft lebt von gegenseitigen Besuchen und deren medialer Begleitung. Trotz Facebook und anderer Medien gilt aber: Ein warmer Händedruck und ein freundliches Lächeln sind das Fundament von Respekt und Freundschaft. Ich wünsche mir, dass sich immer viele Menschen finden, die sich Projekte ausdenken, Initiativen ergreifen und sich für diese Partnerschaft stark machen. Ich will mich gemeinsam mit Bürgermeister Frankenstein nach besten Kräften die vielen Freunde dieser Städtepartnerschaft unterstützen.“ Das kam gut an. Diesen Worten schloss sich zum Beispiel der Bürgermeister von Ribnitz-Damgarten, Frank Ilchmann, zusammen mit seiner Stadtpräsidentin Kathrin Meier uneingeschränkt für seine Städtepartnerschaft an.
Ein gut 500 Meter langer Umzug hinter Menschen in historischen Gewändern und der Slawnoer Blaskapelle bewegte sich danach durch die Innenstadt zum Festplatz. Tausende von Einwohnern winkten den Marschierenden zu, schossen Fotos. Auf dem Platz begeisterten 45 Slawnoer Paare anschließend mit einer 30-minütigen Polonäse wie beim Wiener Opernball, angeführt von Frankenstein und seiner Frau Anna. Abends brachte zunächst eine Reggae-Band das noch übersichtliche Publikum in Schwung. Dann kamen schließlich mehr als 5000 Menschen vor die Bühne, um mit der Kultband „Lady Pank“, quasi den „Toten Hosen“ von Polen, richtig abzurocken. „So viele begeisterte Menschen habe ich noch nie auf dem Platz gesehen“, stellte nicht nur Lange fest.
Das abendliche Festessen mit allen Partnerstädten Slawnos im Restaurant „Morska“ („Ostsee“) am Festplatz mündete wie immer in ein Tanzvergnügen. Gegen 2 Uhr nachts sorgten der Bürgermeister der italischen Partnerstadt Cles und seine Mannen mit dem Singen italienischer Hits wie „Azzurro“ oder „Su di noi“ und „Volare“ für den Höhepunkt. Rinteln brachte es nur auf ein „Zicke, zacke, hoi, hoi, hoi“. „Für nächstes Jahr ist aber eine Steigerung nötig und geplant, nachdem es 2016 auch nur zum „Weserlied“ gereicht hatte“, kündigte Lange an.
An diesem Abend ehrte Lange im Namen des Städtepartnerschaftsvereins zwei Slawnoer mit Urkunden, die sich über 25 Jahre besonders um die Städtepartnerschaft verdient gemacht haben: den ehemaligen Bürgermeister und Begründer der Partnerschaft, Wojciech Ludwikowski, sowie Urszula Paczkiewicz, die als Dolmetscherin und Lehrerin dafür sorgte, Sprachprobleme zu überbrücken und per Schüleraustausch die Städtepartnerschaft auch Jugendlichen nahezubringen.
Am Sonntag musste die Blaskapelle schon morgens wieder ran, denn das 49. Blasmusikfestival in Slawno war zu eröffnen. Nach dem Einmarsch von acht Musikzügen samt Tanzmajoretten dirigierte Poprawski alle von der Bühne aus zu einem gemeinsamen Lied, wunderbare Blasmusik als 3D-Raumklang von allen Seiten für mehrere hundert Zuhörer. Nach der Eröffnungsrede Frankensteins gratulierten Priemer und Lange der Slawnoer Blaskapelle nachträglich zum 50-jährigen Bestehen (gefeiert in in 2016) und luden sie ein zum Konzertbesuch in Rinteln und Möllenbeck im September ein. Als musikalischer Botschafter Slawnos ist die Band mehr als zwei Jahrzehnte der Städtepartnerschaft verbunden, in Rinteln und im Klosterdorf gut bekannt. Dafür gab es aus Rinteln eine Ehrenurkunde und eine Bildercollage mit Motiven aus „25 Jahre Freundschaft mit Musik“.
Kurz darauf waren die Rintelner spontan ins Haus der Kultur eingeladen, wo eine Ausstellung über die Entwicklung von Handwerk, Handel und Industrie in Slawno in den letzten Jahrhunderten eröffnet wurde. Hierhin passt das tags zuvor übergebene Bildgeschenk der Stadt Rinteln, und die dazu gehörigen Originale gab es gleich dazu. Kulturchefin Isabella Sozanska freute sich riesig über diese Überraschung, die durch Horst Lohse aus Rinteln ermöglicht worden war. Es hängt allerdings schon ein Stadtplan aus der selben Zeit in der Ausstellung, auf dem im Gegensatz zu dem (aus heutiger Sicht freundlicheren) Geschenk auch historisch korrekter die damalige Adolf-Hitler-Straße noch vermerkt ist. Passend zum Anlass gab es Bier in Flaschen mit historischen Etiketten der einstigen Slawnoer Brauerei Schulz. In deren Fabrikantenvilla zieht übrigens nach gründlicher Renovierung schon bald die 40-köpfige Verwaltung der gemeinde Slawno ein, die für die Dörfer rund um die eigenständige Stadt Slawno zuständig ist.
Mit Platzkonzerten der an dem regionalen Wettbewerb beteiligten Blasorchester klang der Nachmittag auf dem Festplatz aus. Dann rockte noch eine für Rinteln durchaus Altstadtfest-taugliche Coverband aus Slupsk (früher Stolp) um die charismatische Sängerin Agnieszka. Frühes Abendessen, dann hofften einige Rintelner schon auf Ausruhen für die Abreise am nächsten Morgen. Doch Fehlanzeige. Auf dem Festplatz gesellten sich Geschäftsleute, der neue Polizeichef und nun langsam stressfreie Verwaltungsleute zu den Rintelnern, klaubten nach Schließen der Verkaufsstände die letzten Biere, Krakauer Bratwürste und Schweinesteaks zusammen, um weiter zu feiern. Immer mehr Tische wurden zusammengestellt, ein Wodka-Cocktail mit Apfelsaft machte die Runde. Doch des wurde langsam zu kalt.
„Dann eben zu Yola in den Partyraum“, entschieden die Polen, packten alles zusammen und marschierten mit den Rintelnern los zu dem nahen Event-Lokal eines Ratsmitglieds. Musik aus dem Internet übers Handy, und schon ging die Tanzparty los, bei der besonders die Rintelner Slawno-Neulinge Dr. Joachim Steinbeck (Bürgermeistervertreter) und Steffen Laskowski (Stadtwerke) auf der Tanzfläche einen starken Eindruck hinterließen. Gegen Mitternacht gaben die Rintelner aber dann aber doch langsam auf, einige Slawnoer machten noch bis 2.30 Uhr weiter. Immerhin wollte man ja fit sein für Rückfahrt am Morgen, die vor allem durch einen langen Unfallstau vor Magdeburg statt der sieben Stunden auf der Hinweise nun acht bis neun Stunden dauerte.
Doch Besserung ist in Sicht. Entlang der Bundesstraße in Polen waren immer wieder Großbaustellen für die neue Autobahn Stettin-Danzig zu sehen. In zwei Jahren verkürzt sich die Autofahrt wahrscheinlich auf fünf bis sechs Stunden - ohne Staus. Und sogar die wenige Kilometer lange Rumpelstrecke auf deutscher Seite wird entschärft: Kurz vor der Grenze ist in westlicher Fahrtrichtung schon weitgehend beseitigt. „Weiter gute Aussichten auch für unsere Städtepartnerschaft also“, stellte Lange deshalb abschließend fest.
Rintelns Ehrenbürgermeister Karl-Heinz Buchholz hat es übrigens als Hobbykoch jetzt in ein Kochbuch geschafft. „Slawno schmeckt“ heißt das Werk, in dem die polnische Partnerstadt Rezepte und Spezialitäten ihrer Region, aber eben auch eines aus Rinteln vorstellt. „Rouladen a la Kalle“ heißt die Zubereitung. Für die sich Buchholz am Herd in der Küche seines Schwagers Heinz Kraschewski ablichten ließ. Auf dem Slawnoer Marktplatz bekamen Buchholz und seine Frau Inge jetzt eines der ersten Exemplare überreicht. „Es kommt jetzt in den polnischen Buchhandel, am 10. September soll es bei einem geschichtlichen Fest in Slawno noch gesondert vorgestellt werden“, teilt Buchholz mit. dil
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