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Für Beruf und Leben viel gelernt - Berufsschülerin Jana Heltner berichtet von dreiwöchigem Praktikum bei der W.O.S.P.-Behind

Diesen Bericht über Berufspraktikanten aus Rinteln und Hameln in Kendal hat Frances Corrie vom Partnerschaftskomkitee in Kendal in der Westmorland Gazette veröffentlicht. Repro: pr

Diesen Bericht über Berufspraktikanten aus Rinteln und Hameln in Kendal hat Frances Corrie vom Partnerschaftskomkitee in Kendal in der Westmorland Gazette veröffentlicht. Repro: pr

Rinteln/Hameln/Kendal. Ein tolles Erlebnis: Jana Heltner ist von der Berufsbildenden Schule Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln zu einem Berufspraktikum an die W.O.S.P.-Organisation (Behindertenbetreuung) in Rintelns nordenglischer Partnerstadt Kendal entsandt worden. Vom 23. März bis 13. April 2017 hat sie dort im Rahmen ihrer Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin die Möglichkeit genutzt, bei einem Auslandspraktikum neue Erfahrungen im Beruf zu sammeln und dabei die Englisch-Kenntnisse zu verbessern. Jana: „Ich wollte einerseits schon immer nach England um die Kultur, das Land und die Leute kennenzulernen und meine Sprache zu verbessern und andererseits wollte ich herausfinden, ob der Umgang mit Leuten mit Beeinträchtigung sich von dem hier in Deutschland unterscheidet.“ Ihr Fazit: Es hat sich vollauf gelohnt.
„Als ich dann die Zusage bekam war meine Freude sehr groß, doch zu der Neugier und Aufregung mischte sich auch etwas Unsicherheit, da ich nicht sicher war was mich erwarten würde“, berichtet Jana. „Diese wurde durch die Tatsache, dass ich doch alleine sein und das erste Mal fliegen würde, verstärkt. Trotzdem entschied ich mich, die Reise anzutreten. Ich war sehr gespannt was das Land und vor allem die Arbeit bei W.O.S.P. bringen würde.“
Die Aufregung legte sich bei mir allerdings relativ schnell. „Die Leute waren so freundlich, und Kendal selbst wirkte so einladend und gemütlich, dass ich mich schnell sehr wohl fühlte“, so Jana. „Außerdem war auch mein Bed & Breakfast sehr schön, und die Vermieterin war sehr freundlich zu mir.“
Auch nach dem ersten Arbeitstag war Jana sehr erleichtert und froh, trotz aller Zweifel die Reise gemacht zu haben. Die Mitarbeiter und die Menschen mit Beeinträchtigung, die dort „service user“ genannt werden, waren sehr offen und freundlich zu ihr. Nach einer ausgiebigen Vorstellungs- und Fragenrunde, wurde ihr schon am ersten Tag die ganze Gegend rund um Kendal gezeigt. „Hierbei wurden mir auch bekannte Farmer vorgestellt und interessante Dinge gezeigt“, berichtet Jana. „Alle nahmen Rücksicht auf meine sprachlichen Kenntnisse und beantworteten alle meine Fragen, auch wenn es sich um Dinge handelte, die für Einheimische vollkommen normal waren.“
Jana wurde schnell bewusst, dass sie die Zeit in Kendal genießen und viele Erfahrungen sammeln würde, aber auch, dass sie sich an den Dialekt der englischen Sprache, der dort vorherrscht, erst gewöhnen muss. „Diese Eingewöhnung wurde mir erleichtert, da wirklich jeder der mit mir sprach und dem bewusst war, das Englisch nicht meine Muttersprache ist, Sätze auf Nachfrage gerne wiederholte, umstellte oder mir Wörter erklärte“, berichtet Jana. „Darüber hinaus war auch die Neugier gegenüber der deutschen Sprache, Deutschland und vor alle Hameln und Rinteln gegenüber sehr groß. Immer wieder wurde ich gebeten, ein bestimmtes Wort auf Deutsch zu übersetzen oder Traditionen bestimmter Feiertage zu beschreiben.“
Und nun Janas Schilderung in eigenen Worten: „Vor allem im Shop wurde mir oft erzählt, wie gerne alle Rinteln besuchen und, dass sie sich schon auf ihren nächsten Besuch freuen. Sie zeigten mir im Laufe der Zeit viele Bilder und Zeitungsartikel die mit den Partnerstädten zu tun haben. Außerdem zeigten sie mir das Mosaik am Rinteln-Square und das Hinweisschild in der Innenstadt, wie groß die Entfernung zu Rinteln ist.
Ich habe während des Praktikums insgesamt drei Einrichtungen von W.O.S.P. besucht.
Die erste war der Shop in der Innenstadt der Karten, Second-Hand Artikel und selbstgemachte Dinge verkauft, aber auch Druckaufträge oder Laminierarbeiten für ihre Kunden ausführt. Die Zweite Einrichtung war Horticare. Dies ist eine Gärtnerei mit eigenen Gewächshäusern, in denen Pflanzen gesät und aufgezogen werden. Darüber hinaus dekoriert Horticare auch die Blumenkästen der Stadt und nimmt auch Aufträge, wie Rasenmähen, an. Die letzte Einrichtung war Whinfell. Hier werden viele kreative Arbeiten getätigt. Insgesamt lernte ich so viele verschiedene Mitarbeiter und service users kennen, die allesamt sehr freundlich und aufgeschlossen waren. Darüber hinaus wurde ich in zwei verschiedene „supported living houses“ eingeladen, die ich mir anschauen durfte und so auch sehen konnte wie die service user leben.
Ich konnte mir durch die verschiedenen Einrichtungen und Ausflüge einen Eindruck über den Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigung in England verschaffen. Ich stellte fest, dass es viele Unterschiede gibt. Mache sind durch Umwelt und Menschen bedingt und andere durch das Sozialsystem und die Finanzierung der Einrichtungen.
Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass Menschen mit Beeinträchtigung in Kendal viel besser in der Gesellschaft akzeptiert werden und in dieser auch als vollwertiges Mitglied angesehen werden. Die Leute, die zum Beispiel in den Shop kommen führen die Beratungsgespräche sehr selbstverständlich mit den service usern und niemand wundert sich darüber, dass gerade kein Mitarbeiter in Sichtweite ist. Auch bei Einkäufen oder auf dem Weg zur Schwimmhalle wurden wir nicht anders behandelt oder seltsam beäugt. In diesem Zusammenhang fiel mir auch auf, dass sich hier die Mitarbeiter viel selbstverständlicher mit den service usern in der Öffentlichkeit bewegen und keine Gespräche mit Außenstehenden scheuen. Das Thema Behinderung wirkte in Kendal viel „normaler“ als in Deutschland. Einerseits wurden alle gleichbehandelt und andererseits wurde auch ganz offen gefragt. Auf Ausflügen wurde zum Beispiel gefragt wo die Gruppe herkommt, was wir vorhaben oder was wir eigentlich im Shop machen.
Hier kommen wir auch zu dem zweiten Punkt: die Ausflüge. In den knapp drei Wochen in Kendal durfte ich viele Ausflüge verschiedener Art begleiten. Hier fiel mir auf, dass sehr viele Ausflüge zu öffentlichen Orten gemacht werden, aber auch Ausflüge wie regelmäßiges Segeln, auf einem der nahe gelegenen Seen, oder das Fahren auf einem Dampfboot. Die Ausflüge hatten eine positive Auswirkung auf die Gruppendynamik und auf die Stimmung der service user. Ich konnte auch beobachten, dass hierdurch bestimmte Fähigkeiten gefestigt wurden, wie das Kommunizieren mit fremden Menschen oder das Verhalten in der Öffentlichkeit und im Straßenverkehr. Durch die hohe Präsenz der Gruppen in anderen Städten oder an Seen wird der Umgang mit den Menschen immer selbstverständlicher. In Deutschland gibt es meiner Erfahrung nicht so häufig Ausflüge, was auch die Präsenz der Menschen mit Beeinträchtigung in der Öffentlichkeit einschränkt. Darüber hinaus wird in den Werkstätten in Deutschland, meines Wissens nach, der Aspekt der Wirtschaftlichkeit mehr in den Vordergrund gerückt.
Darüber hinaus ist mir in den supported living houses auch aufgefallen, dass die Wohnsituation eine ganz andere ist als in Deutschland. In Kendal gibt es keine großen Wohnheime für Menschen mit Beeinträchtigung. Hier leben die Menschen in Häusern mit bis zu fünf Personen. Die Häuser sind normale Häuser in einer normalen Straße zwischen anderen Privathäusern. In jedem der Häuser gibt es einen festen Personalstand. Der besteht aus circa 3-4 Leuten, die in Schichtarbeit in dem Haus tätig sind. Hierbei ist die Stundenzahl der Betreuung von dem Hilfebedarf der Klienten abhängig. In manchen Häusern ist also nur jemand 3 Stunden am Tag und in manchen Häusern gibt es eine dauerhafte Betreuung. Die Bewohner stehen darüber hinaus namentlich im Mietvertrag des Hauses und können mit entscheiden wer bei ihnen als Betreuer arbeitet. Falls eine Person aus irgendeinem Grund auszieht können die verbliebenen Personen auch entscheiden wer bei ihnen einziehen darf. Das Konzept in Deutschland ist noch ein ganz anderes, aber die Richtung, die die Entwicklung momentan einschlägt ist eine ähnliche.
Durch das Wohnen zwischen den anderen Bürgern und den Fakt, dass viele der Klienten zu Fuß oder mit dem Bus zur Arbeit fahren, wird die Eingliederung der Menschen in die Gesellschaft noch weiter verstärkt.“
Dies sind nur einige der Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die Jana während ihres Praktikums bei der W.O.S.P. aufgefallen sind. Ihre Bilanz: „Insgesamt bin ich sehr dankbar, diese Chance gehabt zu haben. Ich würde ein Auslandspraktikum jedem empfehlen und es auch jederzeit wieder machen. Gerade im Bereich der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung ist es wichtig, Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten zu können. Meiner Meinung nach ist das Reisen in ein anderes Land und das Arbeiten dort eine gute Möglichkeit andere Arbeitsweisen und Blickwinkel kennenzulernen. Nur so kann man sich eine Meinung über positive und negative Aspekte einer bestimmten und bestenfalls der eigenen Arbeitsweise bilden sowie diese, wenn möglich, verbessern. Ich hoffe sehr, dass meine Schule weiterhin die Möglichkeit hat Praktikanten aus dem Bereich der Heilerziehungspflege nach Kendal zu senden, um bei W.O.S.P. zu arbeiten. Dies bietet nämlich nicht nur die Chance für die Schüler, sich persönlich weiter zu entwickeln. Darüber hinaus kann der Einfluss aus einer anderen Arbeitswelt auch die Arbeit in Deutschland positiv beeinflussen.“ dil