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Wahrheit oder Ausrede eines komischen Alten?

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Städtepartnerschaften: Theaterstück eines polnischen Autoren mit Rintelner Profi-Schauspieler soll Brücke der Verständigung bauen
Rinteln/Slawno. Sprache trennt, Literatur verbindet, hiermit eine Brücke der Völkerverständigung nach Polen zu bauen, ist das Ziel einer Theateraktion des Rintelner Vereins für Städtepartnerschaften. „Menschen beiderseits von Grenzen haben ähnliche Schwächen, Stärken, Vorurteile und guten Willen gemeinsam“, erklärt Dietrich Lange, Vorsitzender des Partnerschaftsvereins. „Das soll mit einem Theaterabend deutlich werden, den wir als Beitrag zur 1992 gegründeten Städtepartnerschaft mit Slawno der Stadt Rinteln und ihren Kulturinteressierten schenken wollen. Beginn ist am Montag, 1. Juli, 19 Uhr, in der Aula der IGS am Ostertor (ehemals Hauptschule). Der Eintritt ist frei, alle Interessenten sind willkommen. Reservierungen sind nicht möglich.

„Der komische Alte“ heißt der szenische Monolog von zweimal 40 Minuten mit Pause. Geschrieben vom 2014 verstorbenen Erfolgsautor Tadeusz Różewicz wird das Stück aufgeführt von dem aus Rinteln gebürtigen Profi-Schauspieler Christian Schaefer, der heute in Auhagen im Nordkreis wohnt. Dieses bereits an anderen Orten im Landkreis erfolgreich aufgeführte Stück ist in Rinteln in einen besonderen Rahmen eingebunden. „Tagsüber wird Schaefer mit etwa 40 Schülern aus den Theater AGs des Gynnasiums Ernestinum und der IGS Hildburgschule einen Workshop machen, um seine Kenntnisse und Erfahrungen an die Jungschauspieler weiterzugeben. So profitiert auch die junge Generation, was wichtig für die Zukunft der Städtepartnerschaften ist.“

Schaefer wird bei der Aufführung nur musikalisch unterstützt:Carsten Klatte ist an der Gitarre mit dabei, Nikolaus Diekhoff am Cello. Zudem werden Lennart Reinecke und Philipp Mellinghoff aus dem 11. Jahrgang (und der Bigband)des Gymnasiums Ernestinum Trompete spielen.

Die Vorstellung dauert in etwa 80 Minuten. Nach gut 40 Minuten wird es eine Pause von 15 bis 20 Minuten geben, in der der Partnerschaftsverein kostenlos Erfrischungsgetränke anbietet.

Hier Anmerkungen Schaefers, warum er dieses Stück als Eigenproduktion ausgewählt hat: „Der Autor wurde mir von dem Philosophen Klaus Greiner nahegebracht. Ich las das Stück und dachte darüber nach. Es ist eine für mich bis heute spannende Arbeit hinter die Figur zu steigen und auszuloten wieso es ihm so ergeht und warum er das macht … reden. Rede als Beichte, als Geständnis. Ist da jemand sicher, dass er aufgrund eines geringen Vergehens nicht schwer belangt werden dürfte und legt deshalb los? Oder redet er sich aus Angst um Kopf und Kragen? Diese Fragen stellen sich allabendlich neu.“

Schaefer weiter: „Das Stück hat eine besondere Schreibweise. Es ist eine besondere Sprache, in einer sehr guten Übersetzung. Für beides ist echte Könnerschaft nötig. Das ist schon einmal toll so eine Vorlage zu haben. Es ist zudem nicht einfach nur eine Gerichtssituation, sondern die Instanzen werden für eine besondere Funktion genutzt. Zudem ist es auch eine Provokation, da breitet sich jemand aus . . . und aus der Situation Aussagen zu müssen, gerät das eigentliche Vergehen ins Hintertreffen. Der Alte erzählt im hier und jetzt, und dabei aus Vergangenheit und Gegenwart. Respekt, Verständnis, das Abbauen von Vorurteilen, das Schärfen des Bewusstseins, durch genaue Differenzierung, sind Möglichkeiten die der Text bittet.“

„Der Text spielt mit der Vermischung von Absurdem und Realem“, fährt Schaefer fort. „Was ist Einbildung, was ist Wahrheit, was ist Verteidigung, was ist Angriff in den Selbstbehauptungen des Angeklagten. Sind es Fakten oder Fakes, die ihm zur Last gelegt werden? Tatsache ist, einer hat den Anschluss verloren und/oder man hat ihm den Anschluss verwehrt. Sind alle Bedürfnisse und Lebensregungen eines Menschen anerkennens- und schützenswert? Wo enden Toleranz und Verständnis, wo kippen Aufmerksamkeit in Unterstellung, wo Kritik in Hetzjagd? Hier werden die heiklen Fragen gestellt, ob und wann, warum und wozu sich einer bewusst oder unbewusst ausschließt und/oder ausgeschlossen wird. Das Urteil darüber, das die ominöse stumme Richterin fällen muss, bleibt - wie ihr – auch dem Publikum überlassen.“

Zum Inhalt: Der Autor Rózewicz hat allein seinem komischen Alten das Rederecht überlassen. Und man blickt und lauscht in eine unheimliche Seele, die von unheimlichen Sehnsüchten und Erlebnissen geprägt wurde und von Reinheit und Schönheit, von Naivität zeugt wie von Angst, Gewalt und dunklen Begierden. Ein Mensch windet sich in den Fallen der Gesellschaft und seiner selbst, und alle seine produktiven Energien werden nicht wirkmächtig. Sie reichen gerade dazu aus, im Museum Kulturgüter zu bewachen. Immerhin hat er sich in der Nähe von Schönheit und Bedeutung verschanzt, aber selbst dort wird er von Niedertracht bedroht und verfolgt. So beklagenswert das Schicksal ist, so hörens- und bedenkenswert sind seine Äußerungen, denn er bringt selber die Kraft auf, seine schlichte Existenz zu verteidigen.

Wie wird einer zum komischen Alten? Diese Frage stellt sich unvermittelt.

Wieso steht er vor Gericht? Diese Frage stellt sich nicht automatisch.

Aber: Der Alte kämpft auf komische Weise um Respekt und Selbstachtung und verteidigt den Sinn seines Lebens.

Schaefer abschließend: „In diesem Monolog des berühmten polnischen Dichters Tadeusz Różewicz müssen die Zuschauer herausfinden, was wahr ist und was Ausrede.“ „Und jeder wird etwas anderes aus dem Stück mitnehmen“, verrät Lange, der die Aufführung schon vor Ostern im Kesselhaus in Lauenau gesehen hat. Red